Ressource Wind

Lidar & Wakes

Lidar (Abkürzung für „Light detection and ranging“) ist eine Fernerkundungstechnik zur Messung der Windströmung, die sowohl in der Industrie als auch in der Windenergieforschung Anwendung findet. Das Messverfahren funktioniert ähnlich wie die Radarfalle bei der Verkehrskontrolle, nur dass hier nicht die Geschwindigkeit des Verkehrsteilnehmers gemessen wird, sondern die Geschwindigkeit winziger Partikel und Tröpfchen, die sich in der Luft befinden und vom Wind transportiert werden. Die Windindustrie verwendet die Lidar-Technik hauptsächlich, um Windenergieressourcen zu bewerten und die Windgeschwindigkeit bei der Vermessung der Leistungskurve von Windenergieanlagen zu bestimmen. 

Wir messen mit Lidar-Geräten beispielsweise komplexe Windströmungen eines gesamten Windparks oder in unmittelbarer Nähe einzelner Windenergieanlagen. Teil unserer Arbeit ist auch die Erforschung fortschrittliche Methoden zur Rekonstruktion von Windfeldern aus Lidarmessungen. Mit den Messergebnissen lässt sich die Wechselwirkung zwischen Windturbinen und Strömung besser verstehen. Dieses Wissen nutzen wir dann zur Steigerung der Effizienz von Windturbinen und Windparks. Unsere Arbeit mit dem Lidar nutzen wir auch zur Entwicklung neuer Methoden, also der Erforschung neuer Rekonstruktionsansätze und der Frage wie gut wir mit dem Lidar die „Wahrheit“ messen können (also die tatsächlich vorliegenden Verhältnisse in einem Windfeld).

Regelungskonzepte für Windenergieanlagen

Die Abmessungen und die Nennleistung von Windenergieanlagen haben in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich zugenommen, um die Kosten für die Windenergie zu reduzieren. Eines der Haupthindernisse für das weitere Vergrößern der Abmessungen sind der überproportionale Anstieg der strukturellen Belastungen. Die Reduzierung dieser Lasten ist ein wichtiger Schwerpunkt in unseren Forschungsaktivitäten im Bereich der Regelung von Windenergieanlagen.

Die Entwicklung von Regelstrategien zur Lastminderung erfolgt in zwei Bereichen:

  • Entwicklung neuer Regelalgorithmen, die entweder auf der individuellen Regelung des Rotorblattwinkels oder auf der Reduzierung der Rotorblatt- und Turmschwingung basieren,
  • Analyse und Nutzung neuartiger Konzepte wie Smart Blades mit aktiven Klappen oder Lamellen an den Rotorblättern und Lidar unterstützte Regelung

Energiemeteorologie

Die laufenden Forschungsaktivitäten des Teams Energiemeteorologie konzentrieren sich auf meteorologische Aspekte der Windenergie. Das Ziel besteht in der Beschreibung der raumzeitlichen Charakteristik von Windfeldern auf verschiedenen Größenskalen mit Hilfe der Methode der numerischen Strömungssimulation. Neben der Modellierung von Windressourcen für Standorte an Land und auf See mit Hilfe des mesoskaligen Modells WRF stehen die Untersuchung der Interaktion der Wechselwirkung zwischen atmosphärischen Strömungen und Windparks mit dem Large-Eddy-Simulationsmodell PALM im Fokus der Arbeiten der Gruppe. In einem aktuellen Forschungsprojekt wird dabei auch die Frage bearbeitet, welche Möglichkeiten es gibt, die Nachläufe von Windparks in der Deutschen Bucht zu beeinflussen und die Auswirkung der Nachläufe auf den Energieertrag in der Deutschen Bucht insgesamt zu erhöhen.

Um die Wechselwirkung zwischen einer Strömung in der atmosphärischen Grenzschicht und einer Windenergieanlage detailliert abzubilden, wurden durch das Team der aeroelastische Code FAST mit dem Large-Eddy-Simulationsmodell PALM gekoppelt.

Mithilfe dieser gekoppelten Modelle können Informationen über die Windenergieanlage bei verschiedenen atmosphärischen Strömungen gewonnen werden. So können beispielsweise die Lasten, Momente und Leistung der Anlage in Abhängigkeit von Grenzschichteigenschaften untersucht werden. Implementiert wurden verschiedene Turbinenmodelle, mit dem Ziel, die Rechenzeit möglichst ohne Informationsverlust zu reduzieren. 

Large-Eddy-Simulationen stellen sehr hohe Anforderungen an die Rechenressourcen. Daher können mit dieser Methode bisher nur Einzelsituationen simuliert werden. Diese Daten bilden aber eine wesentliche Grundlage für die Weiterentwicklung von vergleichsweise günstigen Methoden für die Simulation der Strömungsbedingungen an einem Standort oder der Strömungsverhältnisse in einem Windpark. Das Team Energiemeteorologie beschäftigt sich in einem Forschungsprojekt derzeit mit der Entwicklung einer Methode mit der aus vergleichsweise günstigen mesoskaligen Simulationen und darauf aufgesetzten Verfahren der künstlichen Intelligenz Informationen in LES-Qualität für die Strömungsbedingungen an einem Standort abgeleitet werden können. 

Neben der Durchführung von numerischen Strömungssimulationen führt das Team auch eigene mikrometeorologische Messungen, z.B. mit Eddy-Kovarianz-Stationen, durch. Das vorrangige Ziel dieser Messungen ist dabei, die Ergebnisse der Strömungssimulationsmodelle abzusichern.

Projekte zum Forschungsthema „Ressource Wind“

Forschungsprojekt X-Wakes

Wesentliches Ziel des Projekts X-Wakes (Förderung durch BMWK) ist eine Erfassung der Veränderungen der Windbedingungen für den Betrieb von Offshore-Windparkclustern beim großflächigen Ausbau der Offshore-Windenergienutzung. Dies geschieht sowohl durch ein umfangreiches Messprogramm mit fluggestützten und satellitenbasierten Messungen als auch durch LiDAR-Messungen an verschiedenen Orten innerhalb der Deutschen Bucht. Die Interaktionen von Windparkclustern untereinander, die in Ergänzung zu den Messungen auch sehr detailliert mit dem numerischen Werkzeug der Large-Eddy-Simulation untersucht werden sollen, werden in Industriemodelle und in ein mesoskaliges Wettermodell implementiert, um mit diesen eine realistische Ertragsprognose für künftige Ausbauszenarien zu ermöglichen.

Forschungsprojekt YawDyn

Das übergeordnete Ziel des Projekts YawDyn (Förderung durch BWMK) ist die Senkung der Energiegestehungskosten von Offshore-Windparks. Hierfür sollen zwei neuartige Methoden für die Windrichtungsnachführung (Gierregelung) erforscht, validiert und publiziert werden, die der Erhöhung des Energieertrags und der Reduktion der Betriebskosten dienen. Der Schwerpunkt der Forschung liegt auf der Entwicklung und Validierung dynamischer Windrichtungsnachführungskonzepte. YawDyn soll zur Risikominimierung in der Anwendung von neuartigen Verfahren zur aerodynamischen Windparkregelung bei der Nutzung der Offshore-Windenergie beitragen.

Forschungsprojekt WindRamp

Windrampen, d. h. schnelle Änderungen der anströmenden Windgeschwindigkeit, verursachen starke Gradienten der Einspeiseleistung von Offshore-Windparks. Die Vorhersage solcher Windrampen ist mit großen Unsicherheiten belegt. Hierdurch wird die effiziente operative Netzbetriebsführung erschwert. Das Fernerkundungsverfahren Lidar ermöglicht die Messung von Windgeschwindigkeiten mehrere Kilometer stromaufwärts. So können Windrampen erfasst werden, bevor sie auf den Windpark treffen. Die Ziele des Projekts WindRamp (Förderung durch BMWK) sind eine verbesserte Netzbetriebsführung und eine Optimierung von Strom-Handelsprozessen durch die Erforschung und Erprobung einer beobachtergestützten Kürzestfristprognose der Windparkleistung auf Basis von Lidar-Windmessungen und die parallele Konzeptentwicklung eines kompakten Lidars mit deutlich gesteigerter Messreichweite.

Schwerpunkte der Forschung

Anemometer

Das in der Meteorologie am häufigsten eingesetzte Verfahren zur Messung von Windgeschwindigkeiten ist das Schalenkreuz- bzw. Schalensternanemometer. Mit diesem Sensor ist es aber aufgrund seiner Trägheit nicht möglich, turbulente Geschwindigkeitsschwankungen größer als 1Hz aufzulösen. Zudem bedingt eine Asymmetrie in der Reaktionszeit auf ansteigende und abfallende Windgeschwindigkeiten den Effekt des Overspeedings, was zu Messfehlern von bis zu 10 Prozent führen kann. Dies ist insbesondere bei der Ermittlung des Windenergiepotentials an einem Standort problematisch, da dieser Maximalfehler in der Windgeschwindigkeit zu einem Fehler in der Leistungsvorhersage von bis zu 30 Prozent führen kann. Denn die Windgeschwindigkeit geht kubisch in die Berechnung der Leistung und damit letztlich in die Berechnung der im Wind enthaltenen Energie ein.

Korrekturen am Halbschalenanemometer

Seit Mitte der 1950er Jahre wurden von verschiedenen Autoren Korrekturverfahren entwickelt, um das Problem des Overspeedings in den Griff zu bekommen. Bisherige Ansätze benötigen hierfür zusätzliche Informationen über die Geometrie des jeweiligen Schalenkreuzanemometers oder über die Windrichtung. ForWind behandelt das Schalenkreuzanemometer als stochastisches System mit Markov-Eigenschaften. Hierbei wird der Zustand gesucht, zu dem das System Schalenkreuzanemometer driftet. Erste Ergebnisse zeigen, dass der neue Ansatz viel versprechende Ergebnisse liefert und die ermittelte mittlere Windgeschwindigkeit näher an der tatsächlichen mittleren Windgeschwindigkeit liegt, als bei den erwähnten Korrekturverfahren.

Neuentwicklung: Das Kugelanemometer

ForWind arbeitet zudem an der Erforschung alternativer Messmethoden wie dem Kugelanemometer. Hierbei wird eine Kugel am Ende eines starren Rohres fixiert, das andere Ende des Rohres ist in einer Halterung befestigt. Befindet sich diese Rohr-Kugel-Kombination in einer Luftströmung, verbiegt sich die Konstruktion in Abhängigkeit von der Windgeschwindigkeit minimal. Diese kleine Verbiegung kann beispielsweise mit Hilfe eines Lichtzeigers bestimmt werden. Erste Untersuchungen mit dem neuen Sensor im Windkanal haben viel versprechende Ergebnisse geliefert.

Konzepte zur Windparkregelung

Durch die Umwandlung eines Teils der im Wind enthaltenen Energie, ist der Nachlauf (Wake) einer Windenergieanlage durch niedrigere Windgeschwindigkeiten und höhere Turbulenzen gekennzeichnet. Hierdurch kommt es in den hinteren Anlagen in einem Windpark zu einer geringeren Stromerzeugung und durch die Turbulenzen zu einer höheren Belastung. Moderne Windparks verwenden typischerweise sehr einfache Regelstrategien, welche dieses Zusammenspiel zwischen den Windenergieanlagen nicht berücksichtigen. Die Entwicklung einer geeigneten Regelung könnte den Energieertrag erhöhen, die strukturellen Belastungen reduzieren und die Integration der Windenergie in die Stromnetze verbessern. Unsere Hauptforschungsziele sind:

  • Entwicklung von Windpark- und Wake-Modellen, die einfach genug sind, um für den Reglerentwurf verwendet zu werden, aber detailliert genug, um die relevanten physikalischen Phänomene zu erfassen.
  • Entwicklung von Regelalgorithmen, die das Zusammenspiel zwischen Windenergieanlagen berücksichtigen und in der Lage sind, dynamisch auf Veränderungen des Windes zu reagieren.
  • Entwicklung von Regelalgorithmen, die für verschiedene Steuerungsziele wie Leistungsmaximierung, Wirkleistungsregelung und Lastreduzierung geeignet sind.

Leistungsvorhersagen

Vorhersagen zur Abschätzung der Leistung von Windparks werden auf verschiedenen Zeithorizonten mit Hilfe unterschiedlicher Methoden erstellt. In einem Vorhersagebereich von mehreren Stunden bis Tagen werden Prognosen mit Hilfe von physikalischen Modellen wie numerischen Wettervorhersagemodellen erstellt. Im Bereich von nur wenigen Minuten bis zu einer Stunde spricht man von Kürzestfrist-Leistungsprognosen. Diese werden für den Stromhandel und die Übertragungsnetzbetreiber immer interessanter, können bisher jedoch nicht mit physikalischen Modellen erstellt werden. Solche kurzfristigen Vorhersagen basieren in der Regel auf statistischen Modellen, die allerdings plötzlich auftretende Schwankungen innerhalb sehr kurzer Zeiträume häufig nicht gut oder gar nicht darstellen können. Daher sieht ein neuer Ansatz vor, Kürzestfrist-Leistungsprognosen auf Grundlage von Echtzeit-Messdaten über Lidar zu erstellen.

Installiert auf einer Windenergieanlage innerhalb eines Offshore-Windparks kann ein Lidar-Gerät mehrere Kilometer weit scannen. So kann es flächig die Windgeschwindigkeit und -richtung des Windfeldes erfassen, das in Kürze auf den Windpark treffen wird. Auf Grundlage dieser räumlich und zeitlich hochaufgelösten Windfeldinformationen wird berechnet, wie viel Leistung der Windpark erbringen wird, wenn dieses Windfeld ihn durchläuft. Der Zeithorizont der Vorhersage ist dabei abhängig von der Reichweite des Lidars und der Größenordnung der Windgeschwindigkeit. Angenommen, ein Lidar erfasst 10 Kilometer stromaufwärts ein Windfeld mit einer Windgeschwindigkeit von 11 Metern pro Sekunde. Die daraus berechnete Leistungsprognose würde etwa 15 Minuten im Voraus vorliegen, bevor dieses Windfeld auf die ersten Anlagen im Windpark trifft. Die Ergebnisse unserer Studien zeigen, dass Lidar- und Radar-Messsysteme die Genauigkeit bei der Leistungsvorhersage der Offshore-Windenergie verbessern können. Insbesondere extreme und schnelle Änderungen der Windleistung durch abrupte Änderungen der Windgeschwindigkeit, z. B. beim Durchzug von Wetterfronten, können mit dieser Methode besser vorhergesagt werden als mit statistischen Verfahren.

Ein Schwerpunkt unserer aktuellen Forschung ist, Lidar-basierte Vorhersagen zu einer Methodik für beobachterbasierte probabilistische Leistungsvorhersagen für einzelne Windenergieanlagen und die aggregierte Leistung von Windparks zu erweitern. Dazu werden Lidar-basierte Vorhersagen mit SCADA-basierten Vorhersagen kombiniert, die Windvektoren aus den Betriebsdaten der Windenergieanlagen vorhersagen. Die Kombination von Lidar- und SCADA-basierten Vorhersagen kann sowohl die Vorhersagequalität als auch die Verfügbarkeit einer probabilistischen 5-Minuten-Vorhersage für einen Offshore-Windpark deutlich verbessern. Diese Ansätze werden in künftigen Forschungsprojekten weiter vertieft.

Mesoskalige Modellierung von Windressourcen

Die Entwicklung der Windenergie erfordert mehr und mehr hochwertige Informationen über Windressourcen in zeitlichen Skalen von 10 min bis mehrere Dekaden und in räumlichen Skalen von 10 m bis 100 km. Neben der Verwendung verfügbarer Daten von Messstationen, neuer Sensorik wie Lidar und anderen Fernerkundungsverfahren werden insbesondere atmosphärische (mesoskalige) Strömungsmodelle eingesetzt.

ForWind nutzt das Mesoskalenmodell WRF (Weather Research and Forecasting Model, NCEP/NCAR), um insbesondere die Einflüsse der Nord- und Ostsee und von komplexen Geländeformen auf das Windfeld zu untersuchen. Dieses Modell nutzt meist räumlich und zeitlich grob aufgelöste Daten von globalen Modellen als Eingang, um über „Downscaling“-Verfahren den Einfluss kleinskaliger lokaler und regionaler Gegebenheiten zu beschreiben. Mit den WRF-Daten lassen sich somit die Windpotentiale an Standorten, an denen Messungen nicht möglich oder zu zeit- und kostenintensiv sind, in beliebigen Höhen abschätzen.

In Verbindung mit langjährigen Daten (z. B. Reanalysedaten, Klimaszenarien) werden darüber hinaus Variabilitäten und Extremsituationen auf langfristigen Zeitskalen untersucht. Mesoskalige Modellrechnungen werden flankiert von einfachen parametrisierten Modellen und von kleinskaligen hochauflösenden Modellen wie Large Eddy Simulation (LES).

Messung der Nachläufe von Windenergieanlagen und Windparks

Strömt der Wind durch den Rotor einer Windturbine, wird ihm kinetische Energie entzogen. Dadurch entsteht hinter der Turbine ein Nachlauf, der sich stromabwärts ausbreitet. In dieser Strömung ist die Windgeschwindigkeit geringer und die Turbulenzen größer als in der freien Anströmung. Anlagen, welche in diesem Nachlauf liegen, erzeugen weniger Energie und sind höheren strukturellen Belastungen ausgesetzt. Eine genaue Charakterisierung der Nachläufe spielt eine wichtige Rolle bei der Optimierung des Designs geplanter Windparks. In bestehenden Windparks kann bei Kenntnis der Position und der Ausbreitung des Nachlaufs die Windparkleistung durch geschickte Steuerungsstrategien optimiert werden. Hierfür untersuchen wir das dynamische Verhalten der Nachläufe und entwickeln Computermodelle zu ihrer Beschreibung.

Bei bestimmten Windrichtungen und -geschwindigkeiten und dichten Abständen zwischen den Anlagen können die Nachlaufverluste signifikante Größen erreichen. Bei großen Windparks, in denen die Anlagen in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander stehen, wirken sich solche Nachlaufverlusten häufig stärker aus. Ein optimiertes Layout für einen typischen Offshore-Windpark oder ein Windpark-Cluster sorgt jedoch dafür, dass die Nachlaufverluste insgesamt im Bereich von 10% oder weniger des potenziellen Jahresenergieertrags liegen.

Nachlaufeffekte von großen Windparks und Windparkclustern können sich bis zu 100 km stromabwärts erstrecken. Diese Cluster-Nachläufe können bei bestimmten atmosphärischen Bedingungen sehr langlebig sein. Häufig erholen sich Nachläufe innerhalb der ersten Kilometer stromabwärts des Windparks. Es ist deshalb immer noch schwierig, den Gesamteinfluss langreichweitiger Cluster-Nachlaufeffekte über die gesamte Lebensdauer eines Windparks zu berechnen. Mit unseren Messungen ermöglichen wir die Modellierung der Nachlaufeffekte über Größenordnungen von mehreren hundert Kilometern.

Für die Messung der Nachlaufströmung platzieren wir langreichweitige Lidar Geräte auf der Gondel oder messen z.B. von dem Transition Piece einer Turbine den Nachlauf einer Turbine oder eines ganzen Parks.

Messung des einströmenden Winds an einer Windenergieanlage

Neben der Untersuchung von Nachlaufeffekten setzt unsere Forschungsgruppe Lidar-Geräte auch zur Messung des einströmenden Windes an Windenergieanlagen ein. Um die Wechselwirkung zwischen Windenergieanlage und Windströmung besser zu verstehen, müssen wir den auf die Windturbine einwirkenden Wind charakterisieren. Zur Messung des einströmenden Windfeldes direkt vor einer Anlage nutzen wir ein short-range continuous-wave-Lidar. Das „SpinnerLidar“ ist dabei im rotierenden Spinner oder auf der Gondel der Windenergieanlage montiert und scannt einen kreisrunden Ausschnitt des einströmenden Windfeldes. In diesem Ausschnitt kann das SpinnerLidar jede Sekunde an bis zu 500 verschiedenen Punkten messen. So werden sowohl die Windgeschwindigkeit, die Windrichtung, die vertikale Windscherung als auch die Turbulenz erfasst. Alternativ oder zusätzlich können auch WindScanner zum Einsatz kommen, die am Boden (in der Nähe der Turbine) platziert werden. Das Nutzen von zwei Geräten, die synchron und flexible Trajektorien messen können, ermöglicht das direkte Ableiten von zwei-dimensionalen Windgeschwindigkeiten. Diese Winddaten gleichen wir mit den Sensordaten der Windenergieanlage ab. So sehen wir, welche Windcharakteristika welche Auswirkungen auf das Anlagenverhalten haben.

Große Windparks und Windparkcluster gewinnen aus dem einströmenden Wind nicht nur eine große Menge an Energie, sondern sie stellen für den Wind auch beachtliche Hindernisse dar, die von der atmosphärischen Strömung passiert werden muss. Diese Effekte untersuchen wir mit Hilfe von langreichweitigen Scanning Lidar, die in Offshore Windparks installiert werden und dort die einströmenden Windfelder messen. Der kumulative Effekt des Aufstauens der Windströmung wird als Global Blockage Effect bezeichnet. Für eine einzelne Windenergieanlagen erstreckt sich dieser Effekt über eine Entfernung von etwa zwei bis drei Rotordurchmesser von der Turbine windaufwärts. Im Fall größerer Offshore-Windparks und Windparkcluster treten stromaufwärts der Anlagen größere Bereiche mit einer reduzierten Windgeschwindigkeit auf. Die Stärke des GBE hängt von der Größe des Windparks, seines Layouts, der Anlagendichte und den atmosphärischen Strömungsverhältnissen ab – diese Parameter werden in künftigen Forschungsprojekten noch weiter untersucht. Im Vergleich zum Nachlaufeffekt ist der Global Blockage Effekt eher klein, sollte aber bei der Bestimmung der jährlichen Energieerzeugung mitberücksichtigt werden.

Modellierung der relevanten physikalischen Phänomene

Neben der Simulation einzelner Windenergieanlagen und Windparks mit numerischen Methoden führen wir auch experimentelle Arbeiten im Labor und Freifeld durch. Hierdurch werden nicht nur die Arbeiten bei der Modellierung und Reglerentwicklung unterstützt, sondern auch das Verständnis der zugrunde liegenden physikalischen Gesetzmäßigkeiten verbessert. Der Schwerpunkt unserer experimentellen Aktivitäten liegt auf der Interaktion von Windenergieanlagen und Windparks mit einer realistischen turbulenten Einströmung, wobei wir u.a. Themen wie dynamische Einströmung, aeroelastische Phänomene und die Modellierung des Nachlaufs abdecken. Für die Versuche im Windkanal des WindLab nutzen wir skalierte und steuerbare Modelle von Windenergieanlagen unterschiedlicher Größe sowie ein Segment eines Rotorblattes mit einer aktiver Klappe an der Hinterkante. Die Erzeugung der dynamischen Anströmung sowie die eingesetzte Messtechnik entsprechen dabei dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Forschung. Für die Validierung verwenden wir darüber hinaus Messdaten aus Versuchen im Freifeld.

Stochastische Windfeldmodellierung

Windenergieanlagen nutzen als Ressource den Wind in der atmosphärischen Grenzschicht. Im Gegensatz zur Wasserkraft ist diese Ressource hochgradig instationär und weist in Raum und Zeit extreme Fluktuationen auf kleinen Skalen auf. Das Verständnis von Windfeldern ist darum von großer Bedeutung für die richtige Dimensionierung von Windenergieanlagen.

Ziel der stochastischen Windfeldmodellierung ist es, bestehende Windfeldmodelle zu analysieren und zu erweitern. Die herkömmlichen Ansätze beruhen derzeit meist auf spektralen Verfahren. Der zentrale Kritikpunkt daran: Sämtliche Statistiken haben Gauß‘schen Charakter, im Gegensatz zu experimentellen Ergebnissen für atmosphärische Strömungen, die ein erhöhtes Auftreten extremer kleinskaliger Windböen vorhersagen.

Zur verbesserten Modellierung der intermittenten Dynamik atmosphärischer Turbulenz nutzt ForWind daher aktuelle Ansätze aus der Dynamik komplexer Systeme und turbulenter Strömungen. Dabei kommen einerseits Continuous Time Random Walks (CTRWs) zum Einsatz, eine spezielle Klasse von Zufallsprozessen. Diese konnten im Zusammenhang mit Lagrange’schen Teilchenbahnen in der Turbulenztheorie identifiziert werden. Ein anderer Ansatz beruht auf der stochastischen Modellierung der turbulenten Kaskade über viele Größenskalen auf Basis neuester Ergebnisse der Forschung in Oldenburg. Diese Methode ist in der Lage, zusätzlich zu den Zweipunkt-Korrelationen prinzipiell beliebige Mehrpunkt-Korrelationen turbulenter Strömungen zu reproduzieren. Weiterhin erlaubt es die Methode reale experimentelle Messdaten solcher superstatistischer Windfelder exakt in eine Realisierung eines Windfeldes zu integrieren und somit unvollständige Freifeld-Messungen von z.B. meteorologischen Messmasten, Lidar, oder Drohnen in eine hochaufgelöstes Windfeld zu überführen.

WissenschaftlerInnen mit Forschungsschwerpunkt Ressource Wind

Wir forschen!

Prof. Dr. Martin Kühn

Universität Oldenburg - Institut für Physik

Windenergiesysteme

Tel: +49 (0)441 / 798-5061
Fax: +49 (0)441 / 798-5099
Email: wesys.office@uol.de

Prof. Dr.-Ing. Andreas Reuter

Leibniz Universität Hannover - Institut für Windenergiesysteme

Institutsleitung

Tel: +49 (0)511 / 762-4712
E-Mail: andreas.reuter@iwes.uni-hannover.de